In einer Welt, die von Wandel und Chaos geprägt ist, in der die Geschwindigkeit des Lebens unerbittlich scheint, gibt es eine leise Revolution: die Kunst, im Hier und Jetzt zu sein.
Es sind die oft übersehenen alltäglichen Momente, in denen wir Kraft finden. Ihre Präsenz wird zu einem trotzigen Akt, der uns erdet, wenn die Welt sich scheinbar zu schnell bewegt. Als Rinko Kawauchi Island im Sommer 2019 besuchte, spürte sie den Wunsch, das Tempo zu reduzieren und sich Raum fürs Reflektieren zu nehmen. Umgeben von Geysiren und Gletschern wurde ihr Bedürfnis erfüllt: „Ich hatte das Gefühl, ein Fötus zu sein, der von der Erde umhüllt ist und ich fühlte eine Verbindung zu diesem Planeten, die ich so noch nie gespürt hatte.“ Später in diesem Jahr wollte sie zurück nach Island reisen, aber die COVID-19-Pandemie stoppte sie. Stattdessen besuchte sie in jenem Winter mehrere Male die japanische Insel Hokkaido. Diese Erfahrungen führten zur Entstehung der Serie M/E, was für „Mother Earth” (Mutter Erde) steht.
Um Rinko Kawauchis verträumte und poetische Bilder zu zelebrieren, eröffnet Fotografiska Berlin die Ausstellung a faraway shining star, twinkling in hand. In der Austellung sind verschiedene Arbeiten, von Fotografien bis Videokunst, zu sehen. Kawauchi kombiniert in ihren Arbeiten die Mikro- mit der Makroperspektive, was besonders im Kontrast der Serie sichtbar wird: Alltagssituationen im Angesicht großer Naturphänomene. „In den letzten 10 Jahren gab es riesige Veränderungen, vom großen Erdbeben in Ostjapan bis zur COVID-19- Pandemie. Auch persönlich hat sich in meinem Leben viel verändert, ich habe geheiratet und ein Kind bekommen. Es fühlte sich an, wie ein Leben in großen Wellen. Die Zeit verging schnell, aber während der Pandemie schien es langsamer zu werden. Manchmal, wenn ich zu Hause arbeite, höre ich den Strom draußen, dann schaue ich durch mein Fenster auf das fließende Wasser und bin erleichtert. Lange Zeit zu Hause zu verbringen, erinnerte mich an meine Kindheit, an die langen Stunden nach der Schule und die endlosen Sommerferien.“ – Rinko Kawauchi.
Diese Ausstellung untersucht die Facetten menschlicher Vergänglichkeit und zeigt Kawauchis eigenen Alterungsprozess. Es werden außerdem Fragen über die Zukunft unseres Planeten gestellt: Wird sich die Erde weiter erwärmen, was dazu führt, dass die Gletscher, die sie in Island fotografiert hat, vollständig schmelzen? Wie können wir den Ort, an dem wir leben, in der Zeit, die uns bleibt, verbessern? a faraway shining star, twinkling in hand ist Kawauchis Versuch sich den Fragen zu stellen, für die es keine Antworten gibt. Warum leben wir gerade jetzt und hier und wie schaffen wir es, das Beste daraus zu machen?
Rinko Kawauchi wurde 1972 in Shiga, Japan, geboren. Sie lebt und arbeitet aktuell in Chiba. Kawauchi erlangte 2001 internationale Bekanntheit, als sie Japans renommiertesten Preis für aufstrebende Fotograf*innen bekam, den Kimura-Ihei-Preis. Kurz danach veröffentlichte sie drei Bücher: Utatane, Hanabi und Hanako. Die von der Kritik hochgelobten „visuellen Essays“ zeigen ihre Fähigkeit, fotografische Geschichten zu erzählen. Seit diesem Triple-Debüt hat Kawauchi weitere 27 Bücher veröffentlicht, inlusive Illuminance, Ametsuchi und Halo. Sie wurde mit dem jährlichen Infinity Award (2009) des International Center of Photography New York in der Kategorie Kunst ausgezeichnet und stand 2012 auf der Shortlist des Deutsche Börse Photography Foundation Prize. Sie hat an zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen in Japan und weltweit teilgenommen. Große Einzelausstellungen waren an Institutionen wie der Foundation Cartier pour l’art Contemporain in Paris, der The Photographers’ Gallery in London und dem Hasselblad Center in Göteburg zu sehen. Ihre Einzelausstellung M/E. On this sphere Endlessly interlinking wurde in der Tokyo Opera City Art Gallery und dem Shiga Museum of Art von 2022 bis 2023 gezeigt.
Die Ausstellung hat Jessica Jarl (Global Director of Exhibitions Fotografiska) in Zusammenarbeit mit der Künstlerin kuratiert. Organisiert von Yolandé Gouws (Exhibitions Manager Fotografiska Berlin).
Fotografiska Berlin
Oranienburger Str. 54
10117 Berlin
Täglich geöffnet von 10:00 bis 23:00.
Laufzeit der Ausstellung: 6. Dez 2024 – 20. Apr 2025