Wir hatten die Möglichkeit uns mit Melanie Kuntnawitz von JACK WOLFSKIN, Head of Vendor Control, zum Thema “Nachhaltigkeit” auszutauschen.
Hi Melanie – vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Vielleicht willst du dich unseren Leser und Leserinnen kurz vorstellen?
Vielen Dank, dass ich euren Leserinnen und Lesern einen Einblick in das sehr umfangreiche und spannende Themenfeld Nachhaltigkeit bei Jack Wolfskin geben darf. Kurz zu meiner Person: Ich arbeite schon seit 2008 bei Jack Wolfskin. Damals wurde ich eingestellt, um den Nachhaltigkeitsbereich aufzubauen, weiterzuentwickeln und dabei zu helfen, die ökologische und soziale Nachhaltigkeit fest in den Unternehmenszielen zu verankern. Eine wirklich spannende Aufgabe! Mittlerweile sind wir ein vierköpfiges Team und werden von den verschiedenen Abteilungen unterstützt.
Du bist bei JACK WOLFSKIN gesamtheitlich für das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Vielleicht erläuterst du kurz, was genau deine Aufgaben sind und wie du zu dieser verantwortungsvollen Rolle gekommen bist?
Wir kümmern uns um ökologische und soziale Nachhaltigkeit vor allem im Hinblick auf unsere Lieferkette. Im Einzelnen bedeutet das, dass wir bereits beim Garnhersteller darauf achten, dass nur “gute” Färbe- oder Ausrüstungschemikalien eingesetzt werden, die weder Mensch noch Umwelt schaden. Darüber hinaus wird über Fabrik-Audits von bluesign® sichergestellt, dass die Prozesse sicher und ressourceneffizient sind und das keine Chemikalien über Luft oder Wasser in die Umwelt gelangen. Um alles noch einmal abzusichern, lassen wir stichprobenartig die Fabrikabwässer testen, und sehen uns die Chemikalienlager der Fabriken an. Natürlich lassen wir auch die Produkte von unabhängigen Laboren in Deutschland noch einmal überprüfen um sicherzugehen, dass an keiner Stelle Fehler passiert sind.
Neben den ganzen chemischen Prüfungen besteht auch ein großer Teil unserer Arbeit darin, auf sichere und faire Produktionsbedingungen zu achten. Hierfür arbeiten wir mit externen Auditoren und der Fair Wear Foundation zusammen. Diese gehen in die Nähereien, sprechen mit den Näherinnen, Gewerkschaftern und Managern, begutachten die Gegebenheiten vor Ort (wie u.a. Fluchtwege und Sicherheitsausrüstung), prüfen Gehaltslisten, Arbeitszeiten und vieles mehr. Anschließend wird ein Bericht erstellt, anhand dessen wir zusammen mit den Fabrikbesitzern einen individuellen Maßnahmenplan zur weiteren Verbesserung der Gegebenheiten in jeder einzelnen Fabrik vereinbaren, um unsere Partner stetig weiter zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass den Arbeitern immer bessere Arbeitsbedingungen geboten werden können.
Um immer am Puls der Zeit zu bleiben, sind wir in Kontakt mit vielen Nichtregierungsorganisationen wie z.B. „der Kampagne für saubere Kleidung“, Tierschutzorganisationen, aber auch Behörden, wie dem Umweltbundesamt. Außerdem arbeiten wir im Nachhaltigkeitsbereich mit anderen Bekleidungsunternehmen gemeinsam an Verbesserungsmaßnahmen. Gerade im Outdoor-Bereich, der aus meiner Sicht in vielen Nachhaltigkeits-Themen Vordenker und Wegbereiter ist, haben wir es geschafft, eine enge Kooperation zwischen den Unternehmen zu etablieren. Wir haben festgestellt, dass wir für die Umwelt und die Arbeiter in den Fabriken gemeinsam wesentlich mehr erreichen können als alleine.
Im Internet kursieren ja immer mehr schockierende Videos, welche riesige Müllberg auf offener See oder komplett verschmutzt Strände zeigen. Wie sind deine eigenen Erfahrungen mit dem Thema? Gibt es einen Moment, welcher dich persönlich hinsichtlich dieser Thematik geprägt hat?
Nein, es gab für mich keinen ausschlaggebenden Moment, der mich zur „Nachhaltigkeit“ gebracht hat. Ich bin aber mit dem Bewusstsein aufgewachsen, dass die Ressourcen auf unserem Planeten endlich sind. Außerdem wurde ich schon früh von meinen Eltern mit in die Berge genommen, und habe dort die Schönheit der Natur zu schätzen und zu bewahren gelernt.
Da Jack Wolfskin auf langlebige, ökologische und faire Produkte setzt die auch noch für den schönsten Spielplatz der Welt – die Natur – gemacht sind, bin ich froh meinen Teil beitragen zu können.
Kommen wir nun auf JACK WOLFSKIN zu sprechen. Folgt man eurer Kommunikation und/oder recherchiert man im Internet, stößt man auf viele Initiativen, welche unterstützt und aktiv gelebt werden. Vielleicht magst du diese in deinen eigenen Worten wiedergeben?
Sehr gerne. Wir haben uns die Initiativen, die wir unterstützen oder bei denen wir Mitglied sind, sorgfältig ausgesucht und darauf geachtet, dass sie die jeweils höchsten Ansprüche stellen, transparent und glaubwürdig sind. So sind wir zum Beispiel bereits 2010 Mitglied der Fair Wear Foundation – einer unabhängigen Multi-Stakeholder-Organisation, die sich um faire und sichere Produktionsbedingungen in der Bekleidungsindustrie kümmert – geworden. Sowohl unsere Produktionspartner als auch wir müssen uns regelmäßigen Kontrollen stellen. Die Ergebnisse des sogenannten „Brand Performance Checks“, den die FWF bei uns durchführt, werden dann transparent und für jeden einsehbar ins Internet gestellt. Jeder kann also sehen, was wir gut machen und an welchen Themen wir noch arbeiten müssen.
Für bluesign® haben wir uns entschieden, weil es ein ganzheitliches Chemikalien Management System ist, dass bereits bei den Chemieherstellern ansetzt. Jeder einzelne Produktionsbetrieb, der bei der Herstellung der Stoffe beteiligt ist, wird geprüft um sicherzustellen, dass Mensch und Natur im gesamten Herstellungsprozess nicht gefährdet werden. Da wir hauptsächlich Kunstfasern einsetzen, war das bluesign® System für uns die logische Konsequenz.
Zudem sind wir Mitglied der „Zero Discharge of Hazardous Chemicals“ Gruppe (ZDHC). Ein Zusammenschluss von Visionären, weltweit agierenden Bekleidungs- und Schuhherstellern, die gemeinsam daran arbeiten, die gesamte Industrie zum Besseren zu verändern und „sauberer“ zu machen.
Wie kam es dazu, dass sich JACK WOLFSKIN so intensiv für das Thema Nachhaltigkeit einsetzt und hier auch in der Branche auch führend ist?
Es gab keinen speziellen Moment. Jack Wolfskin hat von jeher darauf geachtet, so nachhaltig wie möglich zu agieren. Mit vielen unseren Produktionspartnern verbindet uns eine jahrzehntelange Geschäftsbeziehung. Das geht nur, wenn man gegenseitig aufeinander (das beinhaltet natürlich auch die jeweiligen Mitarbeiter) achtet und eine solide Vertrauensbasis hat.
Ein Highlight für mich als Kunde ist die TEXAPORE ECOSPHERE Kollektion, welche aus recycelten Materialien hergestellt wurde. Wann wurde die Idee bei euch geboren und wie lange habt ihr geforscht und ausprobiert, bis die Produkte letztlich euren Anforderungen an hochwertige und funktionelle Outdoor-Bekleidung entsprochen haben?
Wir haben insgesamt zwei Jahre an der Entwicklung gearbeitet. In den zwei Jahren ist auch die Testphase inbegriffen. 2016 haben wir die ersten Concept Styles entwickelt. Auf der Ispo 2017 haben wir diese präsentiert. Bei den Texapore Ecosphere Styles bestehen alle Hauptmaterialien aus recyceltem Material. Das bedeutet 100% recyceltes Material im Oberstoff der Jacke, eine 100% recycelte Membran und 100% recyceltes Futtermaterial. In der aktuellen Sommer 2018 Saison bieten wir bereits elf Styles mit Texapore Ecosphere für unterschiedliche Anwendungsbereiche an.
Eine gewagte These von unserer Seite ist ja, dass dies nur der Anfang ist. Liegen wir damit richtig und kannst du uns vielleicht verraten, was in diesem Zusammenhang von JACK WOLFSKIN noch geplant ist?
Das Thema Nachhaltigkeit ist eine Selbstverständlichkeit für uns. Und die Entwicklung neuer Technologien ist wichtig für uns. Wir werden das Konzept in den kommenden Saisons weiter ausbauen. Es ist für uns die perfekte Fusion von Nachhaltigkeit und Performance.
Im Sommer 2018 haben wir 2 L Jacken vorgestellt. Im Winter 2018/2019 werden wir Fleece und Microguard (synthetische Isolierung) aus recyceltem PET launchen. Und im Sommer 2019 werden wir 2,5L und 3L Jacken sowie Hosen aus recycelten Materialien auf den Markt bringen.
Auch im Equipment-Bereich können wir Rucksäcke sowie einen Schlafsack aus recycelten Materialien präsentieren.
Außerdem werden bereits im Sommer 2019 alle Rucksäcke und Taschen sowie die gesamte Bekleidungskollektion frei von PFC sein. Damit feiert Jack Wolfskin einen absoluten Meilenstein in Sachen Nachhaltigkeit und erreicht sein ehrgeiziges Ziel sogar ein Jahr früher als geplant.
Ein weiteres Highlight in eurem Online-Shop ist unserer Meinung nach der Guppyfriend. An sich eine Fremdmarke, welche perfekt zu eurem Konzept passt oder?
Ja, das stimmt. Wir haben uns sehr gefreut, als wir mit den beiden Entwicklern des Guppy Friend in Kontakt gekommen sind und sie uns angeboten haben, ihren Mikrofaser-Auffang-Waschbeutel über unsere Kanäle mit anzubieten. Mikroplastik ist eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Fast jeder hat das ein oder andere Bekleidungsstück aus Kunstfasern (nicht nur Outdoor-Bekleidung) das beim Waschen wie auch beim Tragen Fasern verliert. Wir forschen bereits auch an anderen Lösungen, um den Faserverlust zu verringern, oder die Auswirkungen der abgetragenen Fasern z.B. durch Abbaubarkeit zu verändern, jedoch gibt es im Moment noch keine konkrete Lösung.
Wir sehen den Guppy Friend als Brückentechnologie – und geben unseren Kunden so die Möglichkeit, die bei der Wäsche ausgetragenen Fasern zu sammeln, und über den Hausmüll zu entsorgen. So kommen die Fasern nicht mehr in die Flüsse und Weltmeere. Eine super Sache wie wir finden!
Wenn wir uns jetzt mal wieder dem Thema global zuwenden. Durch Social Media, eine erhöhte Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und viel Medienarbeit ist das Thema mittlerweile allgegenwärtig und es gibt zahlreiche Projekte und Initiativen weltweit – von Crowdfunding-Projekten bis hin zu ganzen Kollektionen aus recycelten Produkten. Aber mal Hand auf’s Herz – sind wir als Menschheit mittlerweile auf dem richtigen Weg dieses Problem anzugehen, oder ist es zwar viel PR aber so richtig wissen wir noch nicht mit dem Thema umzugehen und uns rennt die Zeit davon?
Meiner Ansicht nach ist der einzige Weg bewusster und weniger zu konsumieren. Wir sollten alle eher auf gute Qualität, reparable Produkte und damit Langlebigkeit setzten. Das ist aus meiner Sicht der beste Weg nachhaltig zu leben. Aus diesem Grund haben wir schon seit vielen, vielen Jahren einen hauseigenen Reparaturservice für unsere Kunden im Programm. Nötig wird dieser, da wasserdichte Produkte mit Membranen nicht ohne weiteres genäht werden können. Um die Wasserdichtigkeit zu erhalten, müssen sie nach dem Nähvorgang „getaped“ sprich mit einem speziellen Nahtband verklebt werden, um die Wasserdichtigkeit weiterhin zu gewährleisten.
Auch unser Wasch- und Imprägnierservice trägt dazu bei, dass die Produkte so lange wie möglich schön und wasserabweisend bleiben und unsere Kunden lange Freude daran haben.
Wenn du zum Thema Nachhaltigkeit drei Wünsche frei hättest – egal ob global oder für JACK WOLFSKIN – was würdest du dir wünschen?
1) Dass die Menschen weniger und dafür besser konsumieren.
2) Dass ein cleverer Erfinder uns noch heute eine biobasierte schnell nachwachsende und biologisch abbaubare Faser präsentiert, aus der funktionelle Bekleidung und Membranen ohne den Einsatz von viel Chemie hergestellt werden können.
3) Dass alle Auftrag- und Arbeitgeber weltweit einen Pakt schließen und dafür sorgen, dass sämtliche Arbeitsplätze ab sofort sicher sind, fair entlohnt werden, es keine Diskriminierung mehr gibt und wirklich alle vom globalen Welthandel profitieren.
Klingt naiv ich weiß, aber Wunsch ist Wunsch ☺
Von dem globalen Problem kommend muss eigentlich jeder, inkl. uns, sein Konsumverhalten im Alltag hinterfragen und wahrscheinlich auch ändern. Wenn dich jemand fragen würde, was wären für dich die effizientesten und einfachen Tipps & Tricks, welche wir sofort und ohne Mühen im Alltag umsetzen können?
Wenn ich mich auch hier wieder auf Bekleidung fokussieren soll, würde ich sagen: weniger dafür hochwertige und langlebige Produkte kaufen und diese nicht zu oft und mit möglichst wenig (Öko-) Waschmittel waschen. Damit wäre schon viel für den Planeten erreicht.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen ist. Hoffen wir, dass der eingeschlagene Weg nicht zu spät stattfindet. Hast doch noch irgendwelche berühmten letzten Worte, welche du uns und unseren LeserINNEN mitgeben möchtest?
Haha, nein. Ich denke, ich habe euren Leserinnen und Lesern genug Anregungen gegeben. Jetzt hoffe ich, dass sich jeder selbst Gedanken zum Thema macht und für sich seine ganz persönlichen Schüsse zieht. Danke für das nette Gespräch!
Auch wir danken for das nette und ausführliche Gespräch. Es zeigt sich, dass der Weg noch weit ist und jeder von uns seinen Teil dazu beitragen kann!
Copyright Pictures: JACK WOLFSKIN